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Nirgendwo ist's schöner als auf der Insel.

Ein Bericht über die Fraueninsel von Andrea Strauß: Sobald die Tage wieder länger werden, zieht es mich auf die Insel. Ich besuche den steinernen Mann. 

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Von der Einzigartigkeit der Fraueninsel erzählt unsere Autorin Andrea Strauß.

Sobald die Tage wieder länger werden, zieht es mich auf die Insel. Für Chiemgaukenner - egal, ob per Geburt oder Wahlchiemgauer – ist an dieser Stelle alles gesagt. Es mag in Bayern so manchen See geben und einige sogar mit ein paar trockenen Quadratmetern mitten im Nass, aber „Insel“ gibt es nur eine. Nur eine kann gemeint sein, wenn man von „der Insel“ spricht. So wie es Dutzende Seen im Alpenvorland gibt und doch nur einen See, der gemeint sein kann.

Der zweite Grund, warum eigentlich schon alles gesagt ist, ist noch banaler: Nirgendwo ist´s schöner als auf der Insel.

Sobald die Tage wieder länger werden, zieht es mich also auf die Insel. Ich besuche den steinernen Mann. Während die anderen ihre warmen Jacken in den Keller räumen und sich am Gartencenter in die Schlange stellen, fahre ich zum Chiemsee auf die Fraueninsel. Mit zu diesem festen Ritual gehört, dass ich mich vorher nicht festlege, wie ich auf die Insel komme.

Herrlich ist die Qual der Wahl! Von Prien aus mit der Irmingard oder dem Siegfried, einem der Chiemseeschiffe? Oder von Gstadt aus? Wenn mir jemand beim Rudern hilft, dann ist auch ein gemietetes Boot fantastisch schön. Sogar mit dem Kajak war ich schon auf der Insel und an einem warmen Julitag auch schwimmend. In Ausnahmewintern friert der Chiemsee zu, dann kann man übers Eis auf die Insel spazieren. Aber solange will ich nicht warten.

Am Anfang verschmilzt die Insel noch mit dem jenseitigen Ufer des Chiemsees. Das Grün der alten Laubbäume auf der Insel und das Grün, das die Voralpenmoore säumt, wird eins, darüber die grün-blauen Flanken von Hochgern und Hochfelln, das behäbige Bergpaar, das unser bayerisches Meer im Süden begrenzt. Vielleicht liegen in den schattigen Flanken noch Schneereste, vielleicht schaukeln schon ein paar weiße Segler übers Blau des Chiemsees. Meine Aufmerksamkeit gilt aber dem Turm. Erst wenn ich den gedrungenen Kirchturm des Klosters Frauenchiemsee sehe, der als frei stehender Campanile einen Hauch von Italien ins Chiemgau bringt, dann ist die Welt in Ordnung.

Woher das kommt? Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil sich hier seit über 1200 Jahren Frauen hinter Klostermauern zurückgezogen haben, um in Schutz und Schönheit der Insel zu arbeiten, zu beten, zu singen und um ganz bei sich zu sein. Ob das allen gelungen ist? Manchen wohl schon. Der Flair der Insel spricht dafür.

Jetzt legen wir an. Ich bin die letzte, die auf die Holzbretter des Anlegestegs tritt. Die anderen Inselbesucher haben es eilig. Sie wollen als erste beim Inseltöpfer sein, als erste am Tisch in der „Linde“ sitzen, als erste die Insel umrundet haben. Am liebsten würde ich ihnen nachrufen: „Lasst´s eich Zeit. S pressiert net. Ihr seid´s ja jetzt da.“

300 auf 600 Meter misst die Fraueninsel. Das ist so klein, dass außer Kirche und Kloster nur noch zwei Gasthäuser, nämlich der Inselwirt und die Linde, Platz haben, und ein paar Wohnhäuser, der Töpfer und ein paar Fischer. Wer einen schnellen Schritt hat, ist in einer Viertelstunde mit der Umrundung der Insel fertig - und hat nichts gesehen, nichts gefühlt. Und mit dem steinernen Mann hat er sicher auch nicht geredet.

Der sitzt schon da und wartet auf mich. Er ist ein guter Zuhörer mit unendlich viel Geduld. Seit wir uns kennen, hat er noch nie ein vorschnelles Urteil abgegeben. Nie hat er meinen Besuch verschoben, weil ihm ein anderer Termin dazwischen gekommen wäre, nie hat er mich unterbrochen, nie während des Gesprächs mit mir seine Mails oder Nachrichten am Handy gecheckt.

Wenn ich ihn besuche, sitzt er immer schon in der Torhalle aus der Karolingerzeit, ein Zwerg eigentlich, nur 50 Zentimeter groß und doch gewaltig, grau, aus grob behauenem Stein, hinter ihm die Nachbildung des wunderschönen, goldenen Rupertuskreuzes aus dem 8. Jahrhundert und an der Wand die Engelsfresken. Er sitzt ein wenig nach vorne gebeugt. Seine Rechte hat er mit dem Ellbogen auf dem Knie abgestützt, mit der Linken streicht er sich nachdenklich über seinen langen Rauschebart. Wie ein etwas strenger Großvater.

Um mit ihm gut Freund zu werden, braucht man ein wenig Zeit. Das ist die Anfangshürde, die man nehmen muss. Naja, viele Bergler stehen in dem Ruf, erst einmal nicht von überbordender Freundlichkeit zu sein. Aber unsere Wortkargheit hat nichts zu bedeuten. Reden und zuhören geht eben nicht gleichzeitig. Und der steinerne Mann ist besser im Zuhören. Damit liegt er nicht im Trend der Zeit. Aber im Trend des Ortes.

Woher er kommt, das weiß man nicht so genau. Früher saß er im Äbtissinnengang des Klosters, doch seit vielen Jahren ist er in der Torhalle zuhause. Ihm scheint das recht zu sein. Hierher passt er auch gut. In einem historischen Bauwerk zu wohnen, ja, in einem der ältesten erhaltenen Gebäude Bayerns, das ist nicht jedem gegeben. Ich freue mich für ihn.

Bayernherzog Tassilo III. soll die Torhalle im 8. Jahrhundert errichtet haben, spätestens aber König Ludwig der Deutsche Mitte des 9. Jahrhunderts, zur Zeit als seine Tochter Irmgard Äbtissin im Benediktinerinnenkloster war. Sie gilt als die zweite Gründerin von Frauenchiemsee und ist die älteste namentlich bekannte Äbtissin. Aus den ersten hundert Jahren Klostergeschichte vor ihrer Zeit weiß man herzlich wenig.

So erdverbunden der steinerne Mann in der Torhalle sitzt, so ätherisch wirken die Engelsfresken hinter ihm. In warmen Rottönen von gekonnter Hand gezeichnet, scheinen sie zu schweben. Luftwesen eben. Geheimnisvoll. Wie das Woher des steinernen Mannes. Ein Geheimnis liegt auch über den Engeln. Wer hat sie gezeichnet? Wann? Wie viele Engel zierten die Wände? Entdeckt hat man sie erst im 20. Jahrhundert, denn viele Jahrhunderte lag diese Schönheit von Tüncheschichten überdeckt dem Auge verborgen.

Erst wenn mein Besuch beim steinernen Mann zu Ende ist, lasse ich mich über die Insel treiben, stille den Hunger mit einem Chiemseefisch oder gehe gleich zu Kaffee und Kuchen über. Ich spaziere am Ufer entlang und bewundere die Rosen im Klostergarten. Immer ist eine der rund zwanzig Schwestern dabei, die Blumen zu gießen und zu pflegen. Für eine Zeitlang sitze ich mit Blick auf die Berge am Südufer, während hinter mir unter vielen Sohlen der Kies knirscht. Am Ende statte ich auch dem Münster einen Besuch ab, nur um zu sehen, dass alles unverändert aussieht. Über den malerischen Friedhof mit den vielen bekannten Namen kommt man dabei automatisch. Brauche ich noch ein Geschenk, dann sind der Töpfer und der Klosterladen meine Anlaufstationen, bevor ich langsam wieder zum Bootsanleger wandere.

 

Nochmal zurück zum steinernen Mann? Für heute ist alles gesagt. Ich tröste mich damit, dass ich ja jederzeit wieder kommen kann. Morgen geht auch ein Schiff auf die Insel. Und wenn ich komme, sitzt der steinerne Mann schon da und wartet auf mich.

 

-Andrea Strauß-